ROHRPOST #14

Warum werden eigentlich die meisten Mietwohnungen in Wien nur mit Befristung angeboten? Thomas Rohr erklärt Ihnen die Zusammenhänge wie immer gerne.
von IMMOROHR - 03. Dec 2021
 IMMOROHR Immobilien GmbH

Katja R. aus Döbling schreibt: „Lieber Herr Rohr, ich bin schon seit längerem auf der Suche nach einer Mietwohnung in einem der Wiener Grünbezirke. Ich hätte auch schon das eine oder andere gefunden, alleine ich möchte nur ein unbefristetes Mietverhältnis. Warum werden eigentlich alle Wohnungen nur befristet angeboten?“

Die Antwort von Thomas Rohr:

„Nun, Frau R., eingangs vielen Dank für Ihrem Kommentar; ich bin dankbar für jede vernünftige Frage und ich denke, Sie sind mit Ihrer Frage nicht alleine. 

Viele Menschen, insbesondere die schon etwas älteren unter uns, wollen in einem sicheren Hafen „angekommen sein“ und sich nicht mit 70 oder 80 Jahren noch die Mühsal eines Umzuges antun. Die Analogie zur Pflanzenwelt liegt nahe: Je älter ein Baum, umso tiefer – oder breiter – wachsen seine Wurzeln. Das „Verpflanzen“ wird immer schwerer, irgendwann sogar unmöglich.

Wenn es also die dringende Nachfrage nach unbefristeten Mietverhältnissen gibt, wieso gibt es kein entsprechendes Angebot?

Diejenigen unter Ihnen, die ich zu meinen Stammhörern zählen darf, kennen ja meine kapitalistische Einstellung zur Genüge: Ich glaube an den freien Markt, auch wenn seine Härten durch ein funktionierendes Sozialsystem abgefedert werden müssen.

Nur ist der Wohnungsmarkt in Österreich, insbesondere in Wien, durch die überbordenden Regulierungen kein wirklich freier Markt! Durch den enormen Anteil an kommunalem Wohnbau – wir haben in Wien ca. 60% Genossenschafts- und Gemeindewohnungen – findet eine starke Verzerrung statt, und der Rest, nämlich gerade der besonders gesuchte Altbau, unterliegt einem völlig anachronistischen Mietrecht. 

Durch das kindische Match zwischen Bund und Land (Stichwort Lagezuschlagskarte) gibt es keinerlei Rechtssicherheit für Vermieter. Diese reagieren darauf, aus meiner Sicht durchaus verständlich, indem sie nur noch befristete Mietverträge abschließen, quasi nach dem Motto: „Es kann nur besser werden, tauchen wir einmal 3 Jahre durch!“.

Der gewünschte Lenkungseffekt der Politik schießt somit völlig am Ziel vorbei, Leidtragende sind sowohl die Mieter wie auch die Vermieter. Letztere werden zusätzlich motiviert, ihre Altbauten abzureißen und durch gesichtslose Neubauten zu ersetzen, damit sie so wenigstens nur teilweise dem MRG unterliegen.

Ich schließe daher mit einem Zitat von Karl Kraus oder Kurt Tucholsky: „Das Gegenteil von gut ist nicht böse, sondern gut gemeint.“

Haben Sie auch Fragen rund um das Thema Immobilie? Dann schreiben Sie uns gerne - und bekommen die Antwort in einer weiteren Folge der 'Rohrpost'!